Eine Kabine zum „drüberstreuen“
Als ob der Ausbau von einer Kabine innerhalb einer Woche nicht schon genug wäre.
Doch in diesem Fall musste sofort gehandelt werden.
Aufzüge des Herstellers Petravic und Co sind mittlerweile selten geworden.
Es wird der erste komplette in unserer Sammlung sein.

Firmenschild_Aufzughersteller_Petravic_&_Co
Als mein Telefon vor zwei Wochen läutete und der Name einer Wiener Aufzug Firma am Display aufschien, wusste ich schon das es bald wieder stressig werden könnte.
Und ich sollte recht behalten.
Eine Aufzug Kabine welche bereits im Frühjahr im Gespräch war, muss noch im November abgebaut werden. Oder sie landet auf dem Müll.
Es handelt sich um ein Fabrikat des Wiener Herstellers Petravic & Co.
Wir berichteten bereits vor einiger Zeit über diesen Hersteller im Blogbeitrag die Zwillingsaufzüge.

Die_Kabine_des_Herstellers_Petravic_&_Co_welche_es_zu_retten_gilt
Dieser Aufzugbauer war ab 1910 sehr stark am Wiener Markt vertreten.
Umso tragischer für uns, bis dato kein in allen Teilen komplettes vorhandenes Exponat in der Sammlung zu haben.
Eine ursprünglich im 8. Bezirk zugesicherte Anlage wurde im letzten Moment doch anderweitig „verwertet“. Von der Kabine keine Spur mehr.

Kabine_#1_hätte_unsere_erste_dieses_Herstellers_sein_sollen
Ein zweites Stück konnten wir via Internet erwerben.
Es wurde von einem beherzten Hausverwalter gesichert und so vor der Zerstörung gerettet.
Aber wie bei Privatpersonen so oft, wurden leider nur die Holzteile aufbewahrt.
Nicht der sogenannte Fangrahmen, in welchem die Holzkabine eingefasst ist.
Dieser ist nämlich aus Metall und auch dementsprechend schwer.
Der Fangrahmen dient dem Tragseil als Anschlagpunkt und trägt alle technischen Teile der Absturzsicherung (Fangvorrichtung).
Die Holzkabine wird von ihm umschlossen und getragen.

Kabine_#2_ohne_Fangrahmen_in_unserem_Depot
Nummer 3 wurde schließlich von uns aus einem Haus im 9. Bezirk gerettet.
Leider war diese Kabine bereits stark im Zuge von Adaptierungen vereinfacht worden.
Viele Teile der Holzkabine fehlten bereits.
Es war allerdings geplant Kabine Nr. 1 mit dem Fangrahmen dieser Anlage zu ergänzen.
Auch hier berichteten wir in unserem Beitrag ein Aufzug auf Rezept.
Soweit der Plan.
Aber ganz zufrieden war ich mit dieser Lösung nicht!
Eine Herausforderung
Unser laufendes Projekt bei dem gerade eine komplette Aufzuganlage samt Motor und Schachteinbauten von uns demontiert wird, lastet uns gerade voll aus.
Bis Mitte Dezember müssen wir dort fertig sein.
Die einzige Lösung war daher, sich mit einer Woche „Urlaub“ vom Brotberuf Zeit zu verschaffen und der Petravic Kabine zu widmen!
Nur wer hat noch Zeit zum helfen?
Ich versuchte es bei meinem Aufzugspezialisten Veso Skoric.

Mein_langjähriger_Freund_und_Aufzugspezialist_Veso_Skoric_(rechts)
Hallo Veso!
Wir brauchen deine Hilfe!
Kannst Du uns wieder einmal bei einem Liftausbau unterstützen?
Veso Skoric, Chef der Firma Skoric Aufzüge ist und selbst ein großes Herz für alte Aufzüge hat, ließ uns nicht im Stich.
Montag Morgen
Gemeinsam stehen Veso und ich mit Werkzeug und Seilwinde bestückt vor dem Haus wo uns der Aufzug erwartet,
bereit die über 70 Jahre stillstehende Kabine erstmals wieder zu bewegen.
Was wir daraufhin in der Schachtgrube erblickten, überraschte sogar uns alte Hasen.
Gut 20cm hoch war der Boden des Schachtes mit Müll bedeckt.

Unterhalb_der_Kabine_sammelt_sich_so_einiges
Doch was auf den ersten Blick wie Müll aussah musste keineswegs nur Müll sein!
Oft verbergen sich wahre Schätze darunter, welche Aufschluss über die genaue Zeit der Außerbetriebnahme liefern konnten.
Und tatsächlich. Zwar entdeckten wir nicht den geraubten Schmuck einer Hauspartei.
Dieser wurde angeblich von den Einbrechern auf der Flucht im Schacht versenkt.
Dafür stießen wir auf Holzteile die ursprünglich zum Dachaufbau der Kabine gehört haben.

gefundene_Holzteile_vom_Dachaufbau_der_Kabine
Es wurde also auch bereits bei dieser Kabine in der Zwischenkriegszeit Teile zur Vereinfachung der Wartung entfernt.
Auch einige abgefallene Zierleisten der Kabine tauchten im Schmutz wieder auf.
Das innere der Kabine wurde, so erzählte es uns eine langjährige Hausbewohnerin, von der Hausmeisterin als Rumpelkammer und Stauraum für Heizmaterial verwendet.
Von dieser Zweckentfremdung zeugten noch einige Kohlenstücke am Boden.

Reinigen_der_Kabine
Nach einem Nachmittag intensiver Arbeit verließ das gute Stück schließlich das Gebäude.
Stück für Stück wurde in unseren Lieferwagen geladen um danach die Reise ins Depot anzutreten.

Das_Team_mit_Veso,_Franz_und_mir_heben_gerade_die_Kuppel_der_Kabine_ab
Die Schachtumwehrung, welche sogar seltene Portale mit Glasverkleidung hat, bleibt zum Glück unverändert erhalten.
So wird auch weiterhin als ein stummer Zeuge dem Aufmerksamen zeigen, das hier einmal ein Aufzug seinen Dienst versehen hat.
Genauso wie unser Brief an die Hausbewohner.

Brief_an_die_HausbewohnerInnen