Paternosterdemontage - Eine Portion Spinat - Wiener Aufzug Museum
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Paternosterdemontage – Eine Portion Spinat

Schon vom ersten Tag an, als ich diese überdimensionalen Zahnräder im Maschinenraum bewunderte, lies mich folgende Frage nicht mehr los: Sollen wir es probieren?

Die Rede ist davon, die Mechanik eines Paternosteraufzuges auszubauen.

 

Ich neben dem Antriebszahnrad.

Ich neben dem Antriebszahnrad

 

Am Anfang war der Gedanke, „nur“ zwei Kabinen und ein paar Stück der Führungsschienen aufzuheben. 

Bei allen anderen Teile schien es aufgrund ihrer Größe und ihres Gewichts unmöglich, sie ohne zerschneiden auszubauen.

Was diese dann für die Sammlung uninteressant machen würde.

 

Doch die Lage sollte eine 180 Grad Wendung bekommen.

 

Da die beauftragte Demontagefirma selbst nicht genau wusste, wie das Zerlegen eines solchen Ungetüms funktioniert, bot unser lieber Veso (Veso Skoric, der Chef unserer Partnerfirma) an, bei den einzelnen Schritten der Demontage die Leitung zu übernehmen.

 

„Du sagst uns dann einfach was du haben möchtest, und wir legen es Dir auf die Seite!“, schlug mir Veso vor.

 

Aber natürlich lasse ich mir nicht nur die Teile auf die Seite legen.
Die aktive Mitarbeit bei den Demontagearbeiten ist für mich fixer Bestandteil eines jeden Aufzugsprojektes.

Das Wissen, wie und warum etwas so zusammengebaut wurde, lässt sich auf diese Weise nachvollziehen. 

Und auch die Kamera ist bei jedem Arbeitsschritt mit dabei.

 

Ich beobachte die Vorbereitungsarbeiten im Schacht

Ich beobachte die Vorbereitungsarbeiten im Schacht

 

Anfang Jänner durften wir ja bereits zwei komplette Kabinen des Paternosters bergen.

 

Wir haben im Blogbeitrag berichtet -> zwei Paternosterkabinen auf Abwegen

 

Die restlichen Kabinen wurden nun nach unserer Methode von der hiesigen Demontagefirma entfernt.

Von den noch verbleibenden 12 Kabinen wurden 2 komplette für die Bauleitung auf die Seite gestellt. Geplant ist diese nach Abschluss der Umbauarbeiten in den Büroräumen als Networking Kabinen aufzustellen.

Eine Idee welche wir sehr begrüßen!

Darum leistete ich auch gerne Unterstützung bei der Auswahl der Teile.

 

Dies war leider auch notwendig. Denn die Arbeiter passen bei der Demontage üblicherweise nicht wirklich auf, um Beschädigungen zu vermeiden.

Mitunter ein Grund, warum wir unsere Teile am liebsten selber demontieren.

 

Bei einem Besuch der Baustelle bot sich mir dann ein Bild der Zerstörung.

Die Holzteile der Paternosterkabinen lagen lieblos gelagert im Keller und warteten auf ihren Transport in die Mulde.

 

Die traurigen Reste der Paternosterkabinen

Die traurigen Reste der Paternosterkabinen

 

Doch mir kam die Anzahl der Kabinen zu viel vor.

Hatte die Bauleitung noch nicht die gewünschten Teile auf die Seite legen lassen?

Ich kontaktierte die zuständige Bauleitung und erkundigte mich.

Und es war gut so, denn es wurde nicht daran gedacht Kabinenteile zu sichern.

 

Gemeinsam mit dem beherzten Bauleiter wählte ich unversehrte Teile für zwei komplette Kabinen aus, die auch gleich auf die Seite gestellt und beschriftet wurden.

Das war ja noch einmal gut gegangen!

Bei dieser Gelegenheit sicherte ich ebenfalls noch zusätzliche Ersatzteile für unsere Kabinen.

 

Nun konnte es endlich mit den Maschinenteilen losgehen.

 

Dafür war es im ersten Schritt notwendig, eine Hilfskonstruktion am oberen Ende des Schachtes anzufertigen.

Da beim Paternoster nicht wie bei gewöhnlichen Aufzügen ein Tragmittel (Seil) mittig über der Kabine montiert ist sondern seitlich, gibt es dort auch keine Möglichkeit wo eine provisorische Winde für die Demontage montiert werden kann.

Dieses Problem wurde mittels einer eigens konstruierten Vorrichtung gelöst.

 

Hilfsvorrichtung für die Demopntagearbeiten

Hilfsvorrichtung für die Demopntagearbeiten

 

Nun konnten die erforderlichen Hilfswinden an diesem Träger montiert werden und die eigentliche Demontage beginnen.

 

Schritt 1: Die Ketten

 

Insgesamt haben wir es mit circa 130m Ketten zu tun, die sich auf zwei endlose Stränge aufteilen.

Ähnlich wie bei einem Fahrrad.

Mit dem Unterschied dass bei dieser Kette ein Meter rund 25kg wiegt.

 

Die zwei Kettenstränge

Die zwei Kettenstränge

 

Darum musste die Bergung in Teilabschnitten vorgenommen werden.

Um ein unkontrolliertes Weiterdrehen der Kette zu verhindern, wurde das obere Umlenkrad blockiert.

Für unsere Sammlung wurden insgesamt 40m Kette gesichert.

Und auch alle vier Kettenräder (Poligonscheiben) wurden erfolgreich geborgen.

 

Das erste Kettenrad (Poligonscheibe) wird hinabgelassen

Das erste Kettenrad (Poligonscheibe) wird hinabgelassen

 

Schritt 2: Die Schienen

 

Die Anzahl an Schienen beim Paternosteraufzug ist um ein Vielfaches größer als bei einem herkömmlichen Personenaufzug.

Das kommt daher, weil die Ketten an denen die Kabinen eingehängt sind, in Führungsschienen geführt werden müssen.

Dies hat den Grund um beim Brechen einer Kette die Kabinen abzustützen und so einen Absturz derselben zu verhindern.

 

Jeder Fahrschacht hat dadurch zusätzlich zu den zwei üblichen Führungsschienen zwei weitere Stützschienen für die Ketten.

Das ergibt für beide Fahrschächte insgesamt acht Schienenstränge vom Keller bis zum Dach.

 

Blick in den Paternosterschacht

Blick in den Paternosterschacht

 

Um im Schacht sicher und bequem arbeiten zu können, wurden bei der Kabinendemontage zwei Kabinen auf die Seite gestellt, um nun als Demontageplattformen dienen zu können.

In altbewährter Methode wurde nun ein Schacht nach dem anderen, von oben nach unten, von seinen Schienen befreit.

 

Zuerst die Kettenstützschienen, danach die Führungsschienen.

Was uns sehr entgegenkam war, dass sich alle Schienen problemlos abschrauben ließen. Selbige ließen sich in 5m Stücken, in der untersten Paternoster Station aus dem Schacht bringen.

 

In der untersten Haltestelle werden die Schienen aus dem Schacht geborgen

In der untersten Haltestelle werden die Schienen aus dem Schacht geborgen

 

Hier wurden für die Sammlung insgesamt 25m Führungsschienen und 25m Kettenstützschienen gesichert.

 

Schritt 3: Die Maschinenteile

 

Sicher die herausforderndste Arbeit an diesem Paternosterprojekt, war das Bergen des Antriebes.

Die großen, aus massivem Guss gefertigten Teile ließen uns anfangs im Glauben, sie könnten nur in Teilstücken – also zerstört – geborgen werden.

Aber Veso Skoric, unser Spezialist, zeigte uns wieder einmal wie es auch anders geht.

Mit den elektrischen Hilfswinden konnten alle Teile Schritt für Schritt abgebaut werden, nahezu ohne ein Teil zerschneiden zu müssen.

 

 

Bergen der Maschinenteile

Bergen der Maschinenteile

 

Dadurch konnten wir uns nun spontan dazu entschließen, einen gesamten Teil der Antriebsmaschine mit in die Sammlung aufzunehmen.

Was es uns nun ermöglicht, ein Schaumodell zu verwirklichen.

Sprich, das Paternoster fahren ist auch für die Zukunft gesichert 😉

Dankeschön an alle die uns dabei geholfen haben!

 

Ein Teil des Paternoster Demontage Teams

Ein Teil des Paternoster Demontage Teams

 

Doch fürs Erste brauchten wir einmal eine Paternosterpause.

An meinem Arbeitsgewand lassen sich die Strapazen der letzten Wochen gut ablesen.

Mehr schwarzes Schmierfett als Stoff lies mich wie einen Rauchfangkehrer aussehen.

Was mich auf die Idee brachte aus dem Gewand selbst ein Museumsstück zu machen.

 

Aber das ist eine andere Geschichte…

 

Der finale Zustand meiner Arbeitskleidung

Der finale Zustand meiner Arbeitskleidung