Restaurieren mit Herz und Seele - Wiener Aufzug Museum
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Restaurieren mit Herz und Seele

 

Welche Herausforderung eine Aufzug Stilsanierung mit sich bringt?

Tischlermeister und Restaurator Philipp weiß davon zu berichten.
Beim Besuch in seiner Werkstatt erzählte er mir über sich und seine Projekte.

 

Philip und Ich in seiner Werkstatt

Philipp und Ich in seiner Werkstatt

 

Wie ich in die Auslagenscheibe des Souterrain Lokals in Wien Penzing blicke, hätte ich nicht erkannt, das es sich dabei um eine Tischler- & Restaurierwerkstatt handelt.
Doch das Schild welches darüber angebracht ist, lässt keinen Zweifel daran.
Hier ist die Werkstätte von Tischlermeister Philipp Rabeck untergebracht.

 

Blick ins Auslagenfenster

Blick ins Auslagenfenster

 

Ein Anruf 

 

Unser erstes Telefonat war Anfang August.
Philipp wurde durch einen Medienbericht auf das Aufzugsmuseum aufmerksam.

 

„Ich habe in den letzten Jahren sehr viele Aufzugskabinen stilsaniert und davon noch einige Messingbeschläge und das Dach einer Kabine hier liegen.
Bei euch sind die Teile sicher besser aufgehoben.“

 

Dies war einer seiner ersten Sätze, bevor wir in ein ausführliches Gespräch verfielen.
Ich wurde neugierig auf den Menschen hinter dieser Stimme und
wollte mehr über seine Arbeit mit alten Aufzügen erfahren!

 

Zu Besuch

 

Und da stehe ich nun vor der kleinen Treppe die in das Souterrainlokal hinunterführt.
Ein Schild an der Türe mit „Komme gleich“ ist zwar nicht umgedreht, aber ich weiß ja das ich erwartet werde.
Die Glocke läutet und kurz darauf stehe ich in einer Tischlerei, wie sie wohl auch bereits 1910 ausgesehen hat.
Wo mein Blick auch hinfällt: Stemmeisen, Hobel, Profilleisten. Da und dort ein antikes Möbelstück. Dazu der wohltuende Geruch von geöltem Holz.

 

Hobelbank

Hobelbank

 

„Freut mich das wir uns kennenlernen! Lassen wir das mit dem SIE bitte! Ich bin der Philipp.“

 

Hinten auf der Werkbank hat er bereits die Kabinendecke und diverse Teile aufgelegt, welche der eigentliche Grund meines Besuches sind.
Bevor ich aber noch mit meinen wissensdurstigen Fragen herausplatzen kann, wird mir schon ein Kaffee angeboten.

Sehr gerne! Für diese Art Durst bin ich ebenfalls immer zu haben, sage ich schmunzelnd.

Aus einem kleinen Nebenraum holt er zwei Tassen aus einer alten Küchenkredenz und wir beginnen nebenbei zu plaudern.

 

Herausforderung Stilsanierung

 

Ein Prestigeprojekt von Philipp: der Restaurierte Aufzug im Wiener Rüdigerhof

Ein Prestigeprojekt von Philipp: der Restaurierte Aufzug im Wiener Rüdigerhof   (Foto: Christian Prinz)

 

Tischlerarbeiten

 

Um 2010 herum hat das mit den ersten Aufzugsaufträgen begonnen.
Eine Wiener Tischlerei holte mich da mit ins Boot und betraute mich mit diesen Projekten.
Mir gefiel es mit diesen alten Holzteilen zu arbeiten, auch wenn das „Restaurieren“ meist mit einem Abändern der original Substanz einherging.

 

Denn der Umbau einer alten Liftanlage bedeutet, das meist die Kabine verkleinert werden muss.
Und das aus einem speziellen Grund: Wo der Raum in der Stiegenspindel zur Zeit der Errichtung auf das Maximum ausgereizt wurde, um eine möglichst geräumige Kabine zu haben, ist nach der Modernisierung meist viel weniger Platz.
Die zusätzlichen Glaswände zwecks Berührungssicherheit und eine Führung des Gegengewichtes im selben Schacht, machen oft ein Verkleinern der Kabine notwendig.

 

Dabei die Proportionen zu bewahren, ist die größte Herausforderung.
Man kann nicht einfach etwas herausschneiden. Denn dann passen die Stegbreiten zwischen den Füllungen nicht mehr, erklärt Philipp.

 

Innenansicht stilsanierte Wandtäfelung einer Aufzugskabine

Innenansicht stilsanierte Wandtäfelung einer Aufzugskabine

 

Mit Stegbreiten sind die Abstände zwischen den Füllungen der Holzwände gemeint.
Um 1900 wurde sehr stark auf die Aufteilung Rücksicht genommen.
Der „goldene Schnitt“ welcher sich aus der Natur ableitet und dafür sorgt das uns Proportionen als ausgewogen erscheinen, war das Maß aller Dinge.

 

Das macht es notwendig das beim Verkleinern einer Wand nicht einfach nur an einer Seite etwas weggeschnitten wird, sondern an verschiedenen Stellen Teile entfernt werden müssen, um zusammengesetzt wieder überall die selben Breiten zu haben.

 

Bei den Decken ist das noch komplizierter!
Vor allem, wenn sie als Kuppeln in geschwungener Form ausgeführt sind.
Dann muss diese nämlich einmal kreuz und quer zersägt werden um die runden Ecken nicht zu beschädigen.

 

Innenansicht einer Aufzug Dachhaube in Kuppelform (Foto: Jan Dumno)

Innenansicht einer Aufzug Dachhaube in Kuppelform
(Foto: Jan Dumno)

 

Aber es gibt zum Glück auch solche Aufzüge, bei denen der Bedarf einer Verkleinerung der Kabine nicht gegeben ist.
Hier sind dann nur kleinere Anpassungen durchzuführen.
Das Adaptieren der Kabinentüren ist eine davon.

 

Sie müssen auf automatischen Betrieb umgebaut werden und daher frei von Unebenheiten sein.
Die Holzfüllungen dürfen daher keine Vertiefung mehr in der Fläche aufweisen.
Dem Schutz vor dem Einklemmen ist diese Maßnahme zuzurechnen.

 

„Für mich ist das immer eine schmerzvolle Arbeit. Die ganze Kabine wunderschön restauriert und dann die glatte Fläche auf der Tür, die das Ganze stört.“

 

Sein Satz wird durchs Pfeifen der Mokkakanne unterbrochen.
Der Kaffee versprühte bereits einen köstlichen Duft!
Wir nehmen an einem kleinen Tisch in der Werkstätte Platz, der erst etwas freigeräumt werden muss, um die Tassen abstellen zu können.

 


Philipp der Quereinsteiger

 

Seit 2004 arbeitet Philipp in diesen Räumlichkeiten.
Damals hat er sich als Tischler und Restaurator selbstständig gemacht.
Doch diesem Schritt ging ein langer Weg voraus.

 

Tischlermeister und Restaurator Philipp Rabik

Tischlermeister und Restaurator Philipp Rabeck

 

Da ich als Kind meinem Vater immer bei allen möglichen Arbeiten half, hab mich schon früh für Handwerkliches interessiert.
Die Erkenntnis das ich im Handwerk arbeiten möchte ereilte mich aber erst während des Studiums. Tischler oder Goldschmied standen für mich zur Wahl.
Geworden ist es dann eine Tischlerlehre als Quereinsteiger in St. Pölten.

 

Direkt nach seiner Gesellenprüfung entschloss sich Philipp nach Italien zu gehen um dort Erfahrungen als Restaurator zu erlangen.
Er fand Aufnahme bei einem namhaften Familienbetrieb in Prato, welcher auf die Restaurierung von Holz als auch von Fresken spezialisiert ist. Er trägt den wohlklingenden Namen `Centro Restauro Piacenti`.
Sie restaurierten unter anderem auch die Geburtskirche in Jerusalem.

 

Ich fühlte mich dort sehr wohl!
Anfangs durfte ich zwar noch nicht viel selbst machen, was wohl auch mit meinen noch mangelhaften Italienisch Kenntnissen zu tun hatte.
In dieser Zeit entstand auch dieser selbst getischlerte Hobel, den ich noch heute verwende.

 

Philipps selbst angefertigter Hobel

Philipps selbst angefertigter Hobel

 

Doch über die Zeit bekam er mehr und mehr Verantwortung und
arbeitete an den verschiedensten Projekten mit.

 

  • Die Restaurierung des mit Intarsien versehenen Holzgestühls aus dem Jahr 1475 der Sala delle Udienze Segrete in San Gimignano,
  • des großen Stadttores (Porta S. Lorentino) von Arezzo,
  • sowie die aus Holz gefertigte Einrichtung aus dem Jahre 1725 der Sakristei des Gelübdes im Dom von Siena

zählten zu seinen Einsatzorten.

 

Genau das war das Interessante an der Arbeit als Restaurator!
Die vielen abwechslungsreichen Tätigkeiten.
Und auch die Mentalität der italienischen KollegInnen begeisterte ihn.

 

Aus keiner Arbeitstechnik wurde ein Geheimnis gemacht. Jeder erfuhr alles und Wissen wurde untereinander ausgetauscht.
Da kam es schon mal vor, dass auf der Baustelle die Arbeit mehrere Tage ruhte bis das weitere Vorgehen ausdiskutiert war.
Alles in allem eine sehr spannende und lehrreiche Zeit!

 

Zurück in Österreich hatte er mehrere kleine Jobs bei RestaurateurInnen.
Doch keiner erfüllte ihn. Mit der Mentalität und der mangelnden Wertschätzung seiner Arbeit war er sogar nahe daran die Branche zu wechseln.
Doch zum Glück tat er es nicht! Denn sonst würde ich heute kaum mit ihm hier am Tisch sitzen und Geschichten übers Aufzug restaurieren anhören.
Womit wir wieder beim Thema wären.


 

Restaurieren

 

Das Restaurieren des Aufzugsteile hat seine Herausforderungen.

Da der Ausbau durch die Aufzugsfirmen geschah, waren die Teile durch unsanftes Handhaben oft sehr in Mitleidenschaft gezogen.
Zudem sorgte über hundert Jahre langes Einwirken von Schmierfett für unschöne Verfärbungen!
Es dringt über die Jahrzehnte tief in das Holz ein und durchtränkt es regelrecht.

 

Stark durch Öl verschmutzte Dachverkleidung

Stark durch Öl verschmutzte Dachverkleidung

 

Aber mit seinem Erfahrungsschatz als Restaurator weiß Philipp mit diesen Problemen umzugehen.

Und wer jetzt befürchtet das bei Philipp die Kabinen zu Tode restauriert werden, den kann ich beruhigen:
Sein Gespür für Patina macht es zu einer Freude, ihm beim Arbeiten zuzusehen.

 

Philipp beim Arbeiten an dem Deckenpanel einer Kabine

Philipp beim Arbeiten an dem Deckenpanel einer Kabine

 

Nach erfolgreichem Adaptieren und Restaurieren der Teile zählt auch der Einbau im Aufzugsschacht zu seinen Aufgaben.
Diese Arbeit ist mit besonderen Herausforderungen verbunden!
Denn wo vorher genügend Platz war, um von aussen an die Kabine heran zu kommen, stehen nun oft Glaswände.
Gleich einem Schlangenmenschen gelingt es ihm aber dann doch immer jedes Teil an seinen Platz zu bringen.

 

„Brutal ist es oft, wenn dann ein Teil welches in der Werkstatt mühsam ergänzt wurde, Vorort ausgeschnitten werden muss, weil da plötzlich ein technisches Teil montiert ist.
Zwar bekomme ich die genauen Pläne vor der Arbeit, welche auch strikt befolgte werden, aber die Funktionalität steht dann doch meist über der Optik.“

 

Speziell geht es da oft um Zierleisten, die Philipp mit der Hilfe von alten Profilhobeln händisch herstellt. Von diesen Spezialhobeln besitzt er auch eine beachtliche Sammlung, welche über die Jahre gewachsen ist.
Denn ein kleines Teil welches nur ergänzt werden muss, rechtfertigt nicht den Einsatz einer maschinellen Herstellung. Auch wenn die Arbeitszeit im Vergleich zu früher heute teuer ist.

 

Ich bekomme Tipps für das richtige Werkzeug

Ich bekomme Tipps für das richtige Werkzeug

 

„Mich faszinieren diese harmonisch geformten Rahmen und Leisten. Jedes Stück hat ein eigenes ausgewogenes Design, welches heute nur mehr schwer zu finden ist.
Vielleicht darf ich mal zu euch kommen und mir verschiedene Formen von euren Kabinen abnehmen?“

 

Sehr gerne, entgegne ich ihm auf diese Frage!

 

Über zwei weitere Stunden plaudern wir anschließend noch weiter.
Ob lustige Geschichten vom Restaurieren, wie die zerdrückte Maus unter dem doppelten Boden der Kabine, als auch Tipps zur richtigen Werkzeugauswahl.

 

Mit Philipp durfte ich einen Profi kennenlernen, der noch dazu menschlich schwer in Ordnung ist.
Ich freue mich darauf mit ihm neue Projekte anzugehen.

 

Hier geht es zu Philipps sehenswerter Homepage!